* 36 *

Stanley fiel tiefer, als er jemals zuvor gefallen war. Ratten lebten gefährlich, besonders Botenratten, und Stanley war schon des Öfteren irgendwo hinuntergefallen, aber noch nie aus so großer Höhe wie aus dem obersten Stockwerk der Anwanden. Und mit Sicherheit war er nie gestoßen worden.
Aber gerade der Umstand, dass er gestoßen worden war, rettete ihm wahrscheinlich das Leben. Er war so überrascht, sich plötzlich in der Luft wiederzufinden, dass er ziemlich entspannt in die Tiefe rauschte. Und das wiederum war der Grund, warum er, als er mitten auf einem der vielen struppigen Büsche landete, die aus den Mauern der Anwanden sprossen, wie ein Gummiball abprallte, noch ein paar Meter weiterflog und schließlich auf einem größeren Verwandten des struppigen Busches niederging, ohne dass seine zarten Rattenknochen splitterten, was sie möglicherweise getan hätten, wenn er in Erwartung des Endes die Muskeln angespannt hätte. Benommen lag Stanley da und lauschte dem Knacken der winterkahlen Zweige, die, einer nach dem anderen, unter seinem Gewicht abknickten.
Das Knacken des letzten Zweiges führte bei der Ratte dann doch zu einer leichten Verspannung. Ganz plötzlich knickte der Zweig nach unten weg wie ein gebrochener Knochen, und Stanley rettete sich im allerletzten Moment durch einen eleganten Sprung auf einen aus der Wand ragenden Stein. Seine langen, feinen Krallen klammerten sich an das Mauerwerk, und ganz langsam machte er sich an den kontrollierten Abstieg, wie er ihn später nennen würde, wenn er, was er häufig tun würde, von seinem Abenteuer erzählte.
In diesem Teil der Anwanden fiel die Außenwand direkt in den Fluss ab, doch zum Glück für Stanley herrschte im fernen Port gerade Ebbe, und der Fluss war bis hinauf zur Burg dem Einfluss der Gezeiten unterworfen. Am Ende seines kontrollierten Abstiegs kletterte Stanley an den großen, schlüpfrigen grünen Felsblöcken hinunter, die das Fundament der Anwanden bildeten (und sich die meiste Zeit unter Wasser befanden), rutschte aus und landete mit einem schmatzenden Geräusch im Schlamm des Flusses.
Dann machte er sich auf den langen Heimweg. Er huschte an der Burgmauer entlang, hüpfte, wo er konnte, ans Ufer, und dort, wo er nicht konnte, über Felsen, verrottende Boote und Schlammlöcher. Es war eine triste und zeitweise beängstigende Wanderung. Einmal glaubte Stanley aus der Burg ein fernes Brüllen zu hören, das ihn zutiefst erschreckte, doch als es nicht noch einmal ertönte, nahm er an, er hätte es sich nur eingebildet. Immer wieder spähte er im Gehen zur Burg hinauf und suchte nach einem erleuchteten Fenster, das ihn hätte aufmuntern können. Doch da war keines. Er hatte das einzige weit hinter sich gelassen und begann sich zu fragen, ob auch das inzwischen dunkel war. Die Dunkelheit machte ihm Angst. Er hatte den Lichtern in der Burg bisher nie viel Aufmerksamkeit geschenkt. Ratten verstanden die Vorliebe der Menschen für Licht und Flammen nicht. Sie bevorzugten den Schatten, in dem sie unbemerkt bleiben konnten. Licht war gleichbedeutend mit Gefahr und gewöhnlich auch mit Menschen, die einen Besen oder Schlimmeres schwangen. Doch in dieser Nacht begann Stanley zu begreifen, weshalb die Menschen das Licht so liebten. Als er zum wiederholten Mal durch ein tückisches Loch mit zähem Schlamm hopste, ging ihm etwas auf: Hatte er früher nach oben geblickt und Licht in den Fenstern gesehen, hatte er immer gewusst, dass hinter jeder flackernden Kerze ein Mensch wohnte, der in ihrem Lichtschein im Zimmer saß. Licht bedeutete Leben. Aber jetzt waren alle Fenster dunkel, und Stanley hatte das Gefühl, dass alles menschliche Leben in der Burg erloschen war. Und was, bitte schön, sollte eine Ratte anfangen ohne Menschen?
Von bösen Vorahnungen geplagt, traf er schließlich am Osttor ein und erklomm die Außenmauer des Wachturms, der die Botenrattenzentrale beherbergte und ihm und seinen vier Rättlein als Zuhause diente. Er spähte durch das schmale Schießschartenfenster, konnte aber nichts sehen. Wohl aber riechen. Seine feine Rattennase witterte Dunkelkräfte – einen bitteren, abgestandenen Geruch mit einem Hauch von angebranntem Kürbis –, und da wusste er, dass er zu spät kam. Das Dunkelfeld war in sein Heim eingedrungen, und irgendwo darin gefangen waren die vier Rattenfindelkinder, die er mehr liebte als alles andere auf der Welt.
Florence, Morris, Robert und Josephine – allen außer Stanley nur als Flo, Mo, Bo und Jo bekannt – waren für jeder andere Ratte vier dürre, tollpatschige Rattenkinder, aber in Stanleys Augen waren sie vollkommen.
Gerade mal ein paar Tage alt waren sie gewesen, als er sie in einem Loch in der Mauer am Außenpfad entdeckt hatte, mutterseelenallein. Er, der sich nie auch nur das Geringste aus Babys gemacht hatte, hatte die blinden und nackten Rattenjungen behutsam in seine Hände gebettet und nach Hause in den Wachturm am Osttor getragen. Und er liebte sie, als wären sie seine eigenen. Er hatte sie gefüttert, ihnen die Flöhe aus dem Fell gezupft, Ängste um sie ausgestanden, als sie ihre ersten selbstständigen Ausflüge unternahmen, und unlängst begonnen, sie in die Grundlagen des Botenrattenwesens einzuführen. Sie waren sein Ein und Alles, sein Leben – und die verheißungsvolle Zukunft des Botenrattendienstes. Und jetzt waren sie verschwunden. In tiefer Verzweiflung ließ sich Stanley vom Fenster hinab.
»Autsch! Pass doch auf, Pa!«, quiekte eine junge Stimme.
»Robert!«, stieß Stanley hervor. »Dem Himmel sei Dank ...« Er war überwältigt.
»Mann, bist du schwer. Du zerquetschst mir den Schwanz«, beschwerte sich Bo.
»Entschuldige.« Stanley verlagerte sein Gewicht, und ein Stöhnen entfuhr ihm. Er war aus dem Alter heraus, in dem ein Sturz aus dreißig Metern Höhe ohne spürbare Folgen blieb.
»Alles in Ordnung, Pa?«, fragte Flo.
»Wo bist du gewesen?« Das war Jo.
»Ach, Pa! Wir dachten schon, es hätte dich gekriegt.« Eine Umarmung von Morris, schon immer der gefühlvollste, brachte Stanleys Welt wieder in Ordnung.
Die fünf Ratten setzten sich nebeneinander auf den Außenpfad, der hier, unterhalb des Osttor-Wachturms, nicht mehr als ein schmaler Felssims war, und Stanley berichtete, was sich in den letzten Stunden zugetragen hatte.
»Es ist schlimm, Pa, nicht wahr?«, fragte Mo nach einer Weile.
»Es sieht nicht gut aus«, antwortete Stanley bedrückt. »Aber nach dem, was dieser Alchimist sagt, kann uns hier nichts geschehen – wir sind außerhalb der Mauern. Ich mache mir nur um all die armen Ratten Sorgen, die in der Burg in der Falle sitzen.« Er seufzte. »Und das ausgerechnet jetzt, wo die Belegschaft des Rattendienstes endlich komplett war.«
»Wo sollen wir denn nun hin, Pa?«, fragte Bo und trat ungeduldig gegen einen Stein.
»Nirgendwohin, Robert, es sei denn, du willst durch den Burggraben schwimmen. Wir werden die Nacht schön hierbleiben und abwarten, was der Morgen bringt.«
»Aber hier ist es so kalt, Pa«, jammerte Flo und betrachtete traurig die dünnen Schneeflocken, die vom Himmel fielen.
»Nicht halb so kalt wie in der Burg, Florence«, erwiderte Stanley ernst. »Ein Stück weiter fehlt ein Stein in der Mauer. Dort können wir die Nacht verbringen. Das ist eine gute Übung.«
»Wofür denn?«, raunzte Jo.
»Wie man eine tüchtige und zuverlässige Botenratte wird – dafür, Josephine.«
Dies wurde mit einem allgemeinen Stöhnen quittiert. Doch die jungen Ratten fügten sich. Sie waren müde, verängstigt und froh, Stanley wohlbehalten wiederzuhaben. Unter seiner Führung marschierten sie zu dem Loch in der Mauer, fielen wie in ihrer Babyzeit zu einem kleinen Rattenhaufen übereinander – genauso hatte Stanley sie seinerzeit gefunden – und richteten sich auf eine ungemütliche Nacht ein. Als Stanley überzeugt war, dass sie sich beruhigt hatten, sagte er, wenn auch nur sehr ungern: »Ich habe noch etwas zu erledigen. Es wird nicht lange dauern. Bleibt hier und rührt euch nicht von der Stelle.«
»Bestimmt nicht«, antworteten sie schläfrig im Chor.
Stanley machte sich auf den Weg zu Jannit Maartens Bootswerft und folgte, mürrisch vor sich hin grummelnd, dem Außenpfad.
»Du solltest eigentlich klüger geworden sein, Stanley. Lass dich nicht mit Zauberern ein. Oder mit Prinzessinnen. Nicht einmal mit einer einzigen. Eine einzige Prinzessin ist mindestens so schlimm wie ein halbes Dutzend Zauberer. Jedes Mal wenn du dich mit einer Prinzessin oder einem Zauberer einlässt, besonders mit einem Heap, endet die Sache mit einer wilden Verfolgungsjagd mitten in der Nacht, wenn du gemütlich in deinem warmen Bett liegen könntest. Wann begreifst du das endlich?«
Stanley trippelte weiter den Außenpfad entlang. Bald sann er ein zweites, drittes und sogar viertes Mal darüber nach, ob sein Vorhaben so klug war.
»Was tust du denn, du dumme Ratte? Warum machst du dich auf die Suche nach einem von diesen nichtsnutzigen Heaps? Das musst du nicht. Du hast es nicht versprochen, oder? Genau genommen, hast du gar keine Gelegenheit dazu gehabt, Stanley. Und warum? Weil, falls du dich erinnerst, die Mutter dieser nichtsnutzigen Heaps versucht hat, dich umzubringen. Oder hast du das schon vergessen, du Mäusehirn? Und falls es dir noch nicht aufgefallen ist: Es ist eisig kalt, und dieser Weg ist eine Todesfalle. Der Himmel weiß, was in der Burg vorgeht, und du überlässt die Rättlein draußen ihrem Schicksal. Sind sie denn nicht genauso wichtig wie eine Bande lästiger Zauberer – ach du heiliger Strohsack was ist denn das?«
Ein Brüllen, wild und heiser, durchbrach die Stille. Näher diesmal. Zu nahe. Um genau zu sein, hörte es sich so an, als käme es von einer Stelle direkt über ihm. Schaudernd drückte sich Stanley an die Mauer und schaute nach oben. Da war nichts zu sehen, nur der dunkle Nachthimmel, mit tief hängenden Wolken. Er presste sich mit dem Rücken an die Burgmauer, und jenseits von ihr lagen, wie er wusste, die hohen, schmalen Häuser, die an den Burggraben grenzten. Aber ohne einen Funken Licht konnte er nichts sehen.
Während er abwartete und überlegte, ob es ratsam war weiterzugehen, fiel ihm auf, dass er doch etwas sehen konnte. Auf der ruhigen Wasseroberfläche des Burggrabens, direkt hinter der nächsten Biegung, entdeckte sein scharfes Rattenauge eine schwache Lichtspiegelung. Und er kombinierte, dass das Licht nur von dort kommen konnte, wo er hinwollte: von Jannit Maartens Bootswerft. Stanley schöpfte neuen Mut. Er beschloss, seine Mission zu Ende zu bringen – obwohl sie einem nichtsnutzigen Heap galt.
Ein paar Minuten später hüpfte Stanley leichtfüßig vom Außenpfad herunter und rannte, das überall herumliegende Bootsgerümpel umkurvend, quer über die Werft zu einem erleuchteten Fenster, das in diesem Moment einen wunderschönen Anblick bot. Zugegeben, es gehörte zur Porter Fähre und war streng genommen nur ein erleuchtetes Bullauge, aber das kümmerte Stanley nicht. Licht war Licht, und wo Licht war, war Leben.
Die Luke zu der Kabine mit dem Bullauge war verschlossen und verriegelt, aber davon ließ sich eine Botenratte nicht aufhalten. Stanley sprang auf das Kabinendach, fand die Belüftung – ein offenes Rohr, gebogen wie der Griff eines Regenschirms – und schlüpfte hinein.
Nicko hatte Jannit Maarten nie zuvor schreien hören. Und eigentlich war es auch eher ein lautes Quieken – kurz, scharf und sehr schrill. Es klang überhaupt nicht nach Jannit.
»Eine Ratte!«, rief sie, fuhr in die Höhe, griff nach einem Schraubenschlüssel, der in der Nähe lag – in Jannits Nähe lag immer irgendein Schraubenschlüssel –, und schlug damit zu. Stanleys Reaktionsvermögen wurde auf eine ernsthafte Probe gestellt. Er hüpfte gerade noch rechtzeitig zur Seite, warf die Arme in die Luft und fiepte: »Botenratte!«
Den Schraubenschlüssel abermals zum Schlag erhoben, starrte Jannit auf die Ratte, die plötzlich mitten auf den Tisch gesprungen war und dabei nur um Haaresbreite die brennende Kerze verfehlt hatte. Stanley beobachtete den Schraubenschlüssel. Und alle anderen am Tisch beobachteten Stanley.
Jannit Maarten – drahtig, mit windgegerbtem, walnussbraunem Gesicht und eisengrauem Haar, das zu einem Seemannszopf gebunden war – sah aus wie eine Frau, mit der nicht zu spaßen war. Ganz langsam legte sie den Schraubenschlüssel auf die Tischplatte, und Stanley, dem vor Schreck die Luft weggeblieben war, atmete erleichtert ein. Er blickte in die Runde, schaute in die erwartungsvollen Gesichter und begann, den Augenblick zu genießen. Das war es, wofür eine Botenratte lebte – Spannung, Aufregung, Aufmerksamkeit, Macht.
Stanley betrachtete sein Publikum mit dem gebieterischen, selbstbewussten Blick einer Ratte, die weiß, dass sie, zumindest in den nächsten Minuten, keinen Besenangriff zu fürchten hat. Er musterte den Empfänger seiner Nachricht, Nicko Heap, nur um sich zu vergewissern, ob er es auch wirklich war. Er war es. Die kleinen Zöpfe, die Nicko sich ins strohblonde Haar geflochten hatte, machten ihn unverkennbar. Ebenso die hellgrünen Heap-Augen. Neben Nicko saß Rupert Gringe, dessen kurze Haare im Kerzenlicht gelbrot schimmerten, und ausnahmsweise einmal schaute er nicht finster drein. Ja, er lächelte sogar, wenn er die etwas mollige junge Frau anblickte, die dicht neben ihm saß. Stanley kannte sie, logisch. Sie war die Skipperin der Porter Fähre. Sie hatte ebenfalls rote Haare, allerdings beträchtlich längere als Rupert Gringe. Und auch sie lächelte, und im Kerzenschein sah sie sogar ziemlich sympathisch aus. Aber Stanley blieb auf der Hut. Bei ihrer letzten Begegnung hatte sie eine faulige Tomate nach ihm geworfen. Obwohl ... das war immer noch besser als ein Besen.
Nicko riss Stanley aus seinen Gedanken. »Für wen ist sie?«, fragte er.
»Wer?«
»Die Nachricht. Für wen ist sie?«
»Ähem.« Stanley räusperte sich und stellte sich auf die Hinterpfoten. »Bitte zu beachten, dass in Anbetracht der gegenwärtigen ... äh ... Lage und der damit einhergehenden Umstände diese Nachricht nicht in der üblichen Form übermittelt wird. Infolgedessen kann auch keine Gewähr für die Richtigkeit ihres Inhalts übernommen werden. Gebühren sind nicht zu entrichten, aber an der Bürotür des Botenrattendienstes befindet sich eine Büchse für Spenden zugunsten eines neuen Regenrohrs am Osttorwachturm. Bitte zu beachten, dass über Nacht kein Geld in der Büchse belassen wird.«
»Ist das die Nachricht?«, fragte Nicko. »Sie sind hergekommen, um uns von dem Regenrohr zu berichten?«
»Von was für einem Regenrohr?«, fragte Stanley, dessen Mund wie so häufig seinen Gedanken vorausgeeilt war. Und dann, als seine Gedanken aufgeholt hatten, setzte er ziemlich spitz hinzu: »Nein, natürlich nicht.«
»Ich weiß, wer Sie sind«, sagte Nicko plötzlich. »Sie sind Stanley, habe ich recht?«
»Warum fragen Sie?«, erkundigte sich der Angesprochene misstrauisch.
Nicko grinste. »Nur so. Also, Stanley, für wen ist die Nachricht?«
»Für Nicko Heap«, antwortete die Ratte, die leicht gekränkt war, ohne recht zu wissen, warum.
»Für mich?« Nicko schien überrascht.
»Wenn Sie das sind, ja.«
»Natürlich bin ich es. Wie lautet die Nachricht?«
Stanley holte tief Luft. »Könnten Sie bitte zu Nicko gehen – Nicko Heap, auf Jannits Bootswerft. Sagen Sie ihm, was hier geschieht. Sagen Sie ihm, wo wir sind. Bitte.«
Nicko erbleichte. »Wer schickt sie?«
Stanley setzte sich auf einen Papierstapel. »Hören Sie, Nachrichten dieser Art würde ich nicht für jeden befördern – schon gar nicht in der gegenwärtigen ... äh ... Lage. Allerdings habe ich den Umstand mitzuberücksichtigen, dass ich bis zu einem gewissen Grad nicht nur Bote bin, sondern in meiner Eigenschaft als persönlicher Vertreter der ... uff!«
Nickos Finger bohrte sich in das pralle Bäuchlein der Ratte. »Autsch! Das tut weh«, protestierte Stanley. »Hören Sie, es besteht kein Grund, gewalttätig zu werden. Ich bin aus reiner Herzensgüte hierhergekommen.«
Nicko beugte sich über den Tisch und sah der Ratte fest in die Augen. »Stanley«, sagte er, »wenn Sie mir nicht augenblicklich sagen, wer die Nachricht schickt, werde ich Sie eigenhändig erwürgen. Verstanden?«
»Ja. Alles klar. Hab verstanden.«
»Also, wer schickt sie?«
»Die Prinzessin.«
»Jenna!«
»Ja. Prinzessin Jenna.«
Nicko blickte in die Runde. Der Schein der einzigen Kerze auf dem Tisch warf flüchtige Schatten auf die sorgenvollen Gesichter seiner Gefährten. Ein paar Minuten lang hatten Stanleys Mätzchen sie von dem, was da draußen geschah, ablenken können. Nun aber holten sie die Sorgen um ihre Angehörigen und Freunde drüben in der Burg wieder ein.
»Gut«, sagte Nicko langsam. »Schießen Sie los. Wo ist Jenna? Wer ist ›wir‹? Sind sie in Sicherheit? Wann hat sie die Nachricht abgeschickt? Wie sind Sie ...«
Nun war es an Stanley, Nicko zu unterbrechen. »Hören Sie«, sagte er matt. »Es war ein langer Tag. Ich habe viele hässliche Dinge gesehen. Ich werde Ihnen alles erzählen, aber eine Tasse Tee und ein Keks vorneweg würden Wunder wirken.«
Maggie wollte aufstehen, doch Rupert hielt sie zurück. »Du hast auch einen langen Tag gehabt«, sagte er. »Ich mache das.«
Es wurde still im Raum, nur das leise Zischen des kleinen Ofens war zu hören – und dann plötzlich ein markerschütterndes Brüllen draußen in der Dunkelheit.